Ortsverband Karlsruhe

Artenreiche Nasswiese

Nasswiese in der Retzlach – ein Knielinger Kleinod

Unscheinbar sieht die Schilfwiese im Nordwesten Knielingens, im Gewann Retzlach, aus. Die Hochspannungsleitung im Blick und die Rheinbrückenstraße im Ohr, vermutet niemand, dass hier für den Naturschutz viel zu holen sei. Dass die Wiese Tier- und Pflanzenarten beherbergt, die zum Teil für Baden-Württemberg nur hier nachgewiesen sind, behält sie zunächst für sich. Idylle geht anders – aber naturschutzfachlich ist der Standort hochinteressant. Denn in Sachen Artenvielfalt ist die Nasswiese ein echtes Ausrufezeichen!

Knielinger und BUND-Freiwillige bei der Wiesenpflege

Jedes Jahr im Oktober treffen sich daher mit Unterstützung durch den Knielinger Bürgerverein Ehrenamtliche des BUND, der seit 2001 in Zusammenarbeit mit der Stadt Karlsruhe für die Pflege dieses Biotops zuständig ist, zur Wiesenpflege. Am 29.10.2022 kamen ca. 20 Freiwillige zusammen, darunter zwei fleißige Kindergartenkinder! So war in knapp zwei Stunden die Arbeit erledigt. Eine gute Zeit!

Warum wird die Wiese gemäht?

Überließe man die Wiese komplett sich selbst, würden zum Beispiel Grauweiden und Kanadische Goldrute schnell die Fläche überwuchern. Das ist an sich nicht verwerflich. Flächen wie die Schilfwiese, die viele seltene Tier- und Pflanzenarten beherbergen, findet man aber nicht mehr oft. Daher versucht man, mit regelmäßiger Mahd den jetzigen Zustand zu erhalten. Denn mit der Nasswiese würden auch viele dieser Arten verschwinden.

Aufmerksame Beobachter werden allerdings feststellen, dass die Wiese nicht komplett gemäht wird: Es bleiben Schilfinseln stehen. Die Fläche liegt tiefer als die Umgebung, und wird daher dank Alb und Rhein regelmäßig vom hoch stehenden Grundwasser überflutet. Einige Insektenarten überleben das Hochwasser nur dank der Schilfinseln.

Warum lässt man das gemähte Schilf nicht einfach liegen?

Das Schilf – zusammen mit jungen Graupappeln, Goldrute und anderen – wird nicht nur abgemäht, das Mähgut wird durch die Freiwilligen auch zusammengerecht, sodass es vom Liegenschaftsamt der Stadt Karlsruhe abgeholt werden kann. Ließe man das Mähgut liegen, würde es verrotten und dadurch für einen starken Nährstoffeintrag sorgen. Viele Arten, die auf der Fläche zu Hause sind, benötigen aber einen nährstoffarmen Boden und würden dann schnell verschwinden.

Früher war alles anders…

Früher waren derartige Pflegemaßnahmen natürlich nicht notwendig. Magere Wiesen hatten noch keinen Seltenheitswert, Wiesen wurden durch Vieh abgegrast bzw. gemäht und die Pflanzen als Heu verfüttert oder als Einstreu genutzt. Durch häufige Hochwasser konnten sich auch vorübergehend Biber ansiedeln, die ihrerseits der Verbuschung entgegenwirkten.

Artenvielfalt in der Retzlach

Ein Artenschutzexperte des BUND konnte in den vergangenen Jahren immer wieder von verschiedenen Insekten Erstnachweise für Baden-Württemberg erbringen. Das heißt, in der Retzlach leben Tiere, die nirgendwo sonst in Baden-Württemberg vorkommen. Nicht umsonst ist das Gebiet als Biotop kartiert und naturschutzrechtlich geschützt.

Wer läuft denn da?

Ein Laufkäfer namens Bunter Scheibenhals-Schnellläufer ist hier zu Hause. Er liebt es morastig, sein Bestand ist aufgrund des Verschwindens von Feuchtgebieten stark rückläufig.

Auch die Gelbe Wiesenraute bevorzugt feuchte nährstoffarme Böden und ist aufgrund der Düngung landwirtschaftlicher Flächen immer seltener zu finden.

Im Frühling fällt besonders die Kuckucks-Lichtnelke ins Auge, die wunderbar rosa, seltener weiß blüht. Auch sie liebt ein feuchtes, nährstoffarmes Habitat.

Auch die geschützte Sumpf-Schwertlilie hat – wie der Name schon sagt – gerne „nasse Füße“ und fühlt sich in der Retzlach wohl.

Mithelfen? Gerne!

Jedes Jahr im Oktober wird die Wiese gemäht. Wer Lust hat, bei dieser Pflegemaßnahme (Dauer ca. 2 Std.) mitzuhelfen, meldet sich gerne beim bund.karlsruhe(at)bund.net. Auch für Kinder ist es eine tolle Gelegenheit, Artenschutz hautnah mitzuerleben und tatkräftig zu unterstützen.