Ortsverband Karlsruhe
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Stellungnahme zum Bebauungsplan „Östlich Esslinger Straße zwischen Heidenheimer Straße und Heidenheimer Straße und Teilbereich Heidenheimer Straße“, Karlsruhe-Grünwettersbach

Öffentlichkeitsbeteiligung

Die Bereitstellung der im bisherigen Verfahren eingegangenen Stellungnahmen, der zugehörigen Synopse sowie der Zusammenfassung der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung gewährleisten in positiv hervorzuhebender Weise Transparenz für die Öffentlichkeit. Dieses Vorgehen ist als vorbildlich zu loben.

Kritik an §13b wegen nicht vollständigem Ausgleich der Eingriffe

Die überplante Grundfläche wird mit 9.751 m² angegeben, wodurch die Höchstgrenze von 10.000 m² nach §13b BauGB mit dieser Berechnungsmethodik formal eingehalten wird. Die in Anspruch genommenen Flächen durch die Tiefgaragen etc. sind jedoch deutlich höher, da diese zwischen und nicht unter den Gebäuden liegen. Insofern sind wir nach wie vor der Meinung, dass §13b hier nicht angewendet werden darf.
Es sind zwar zahlreiche Ausgleichsmaßnahmen beschrieben, aber ohne formalen Umweltbericht ist es nicht möglich, den Umfang und die Wirksamkeit zu bewerten. Es wird also in Kauf genommen, dass die Maßnahmen unter denen liegen, die ein Umweltbericht erforderlich gemacht hätte. Eine umfassende Abwägung mit den Belangen des Umwelt- und Naturschutzes findet somit unseres Erachtens nicht statt und der Verlust der biologischen Vielfalt schreitet voran.

So beschränken sich BUND, LNV und NABU wohl oder übel auf die Benennung von Verbesserungsmaßnahmen, um den Widerspruch zum Biodiversitätskonzept der Stadt Karlsruhe wenigstens etwas zu mindern. Tabelle 11 im naturschutzfachlichen Beitrag zeigt auf, welche Wertigkeit nach Umsetzung des Bebauungsplans noch übrigbleibt und zeigt damit die erheblichen Eingriffe auf.

Streuobstwiesen

Den Streuobstwiesen werden laut naturschutzfachlichem Beitrag eine hohe Wertigkeit bescheinigt und der Verlust als erheblicher Eingriff eingestuft. Nach §30 BNatSchG sowie §33a NatSchG Baden-Württemberg dürfen Streuobstwiesen nicht zerstört werden. Im naturschutzfachlichen Beitrag soll die Fläche mit 150% überkompensiert werden, d. h. auf insgesamt 0,9 ha, was jedoch erst nach vielen Jahren wirksam werden kann. Zudem sollen B1 Flächen 2 Jahre vor Baubeginn auf den Flächen 8, 10, 12, 2e, 3e, 4e kompensiert werden. Die Flächen sind jedoch aktuell teilweise bereits Streuobstflächen, eine Kompensation auf bereits vorhandenen Wiesen- und Streuobstflächen sehen wir für nicht hinnehmbar. Beispielsweise ist Fläche 4e bereits eine Streuobstwiese mit etlichen Bäumen, auf der 3.800 m² Ersatz geltend gemacht werden. Die ausgelegten Unterlagen halten wir für nicht geeignet, zu bewerten, ob der nach §30 BNatSchG erforderliche Ausgleich der Beeinträchtigungen gelingen kann. Wir weisen explizit auf §33a NatSchG Baden-Württemberg hin, wonach nach Ziffer (2) Genehmigungen und nach Ziffer (3) Neupflanzungen erforderlich werden. Diese Unterlagen sind nachzureichen. Ebenso fordern wir den Nachweis weiterer Flächen zur Neuanlage von Streuobstwiesen. Im Übrigen verweisen wir darauf, dass die Anwendung von §13b nicht von der Berücksichtigung §30 BNatSchG sowie §33a NatSchG Baden-Württemberg entbindet.

Versiegelung

Die angegebene aktuelle Versiegelung von 1,5 ha laut B-Plan S. 32 ist nicht korrekt, im natur-schutzfachlichen Beitrag (S. 28) werden weniger als 0,6 ha völlig versiegelte Flächen angegeben (der Sportplatz ist eine Rasenfläche und kann nicht als versiegelt angenommen werden). Zudem werden ca. 4 ha als neue vollständig versiegelte Fläche angegeben (S. 38). Laut Begründung zum B-Plan (s. 32) beträgt die Neuversiegelung nur 2,2 ha. Diese Sachverhalte sind zu korrigieren, und die Auswirkungen zu berücksichtigen. Die Neuversiegelung beträgt damit laut naturschutzfachlichem Beitrag fast das 7-fache der bisherigen und nicht, wie irreführend angegeben, nur das 1,5-fache. Die Entscheidungsträger sind auf den Umfang der Neuversiegelung hinzuweisen. Im Übrigen überschreiten die 4 ha versiegelte Fläche deutlich die zulässige 10.000 m² Verfahrensgrenze § 13b. Auch hieran wird deutlich, dass durch das Verfahren – auch wenn es formal korrekt sein sollte – deutlich negative Auswirkungen auftreten, welche nicht kompensiert werden.

Grundwasser

Für das Grundwasser werden im naturschutzfachlichen Beitrag (S. 39) erhebliche und nachhaltige Beeinträchtigungen vorhergesagt und eine Erstellung der Wasserhaushaltsbilanz nach DWA-M 102-4 gefordert. Diese Unterlagen liegen jedoch nicht bei, was sicherlich auch eine Folge des beschleunigten §13b Verfahrens ist. Wir fordern, dass diese wasserwirtschaftliche Betrachtung durchgeführt wird, damit gemäß DWA-M 102-4 der Wasserhaushalt im bebauten Zustand dem unbebauten Referenzzustand möglichst nahekommt.  

Kaltluftflächen

Die Flächen sind als Kaltluftflächen mit hoher Produktion 700-1400 m³/s und hoher Bewertung anzusehen. Durch die Anordnung der Bauwerke und der Zwischenräume wird laut naturschutz-fachlichem Beitrag von einer Verschlechterung von 1,5 Punkte ausgegangen, welche vor allem die aktuellen Wohngebiete betreffen dürfte, die damit von höheren nächtlichen Temperaturen betroffen sind. Wir fordern, dass im Bebauungsplan wirksame Ausgleichsmaßnahmen festgesetzt werden, ansonsten ist zu befürchten, dass insbesondere ältere Menschen und Kinder unter dem höheren Hitzestress leiden werden.

Klimaneutralität – Graue Energie

Als Ziel wird ein klimaneutrales Wohnviertel vorgegeben, was beispielhaft für das Erreichen der Klimaziele der Stadt Karlsruhe stehen soll (B-Plan S. 13). Jedoch dürfte das Bauvorhaben bereits während der Bauzeit Emissionen von grob geschätzten 20.000 t CO2 freisetzen, z. B. durch die Herstellung von energieintensiven Baumaterialien (Beton, Stahl, Aluminium, Glas, …) sowie durch Transport und Bautätigkeiten. Insbesondere die üppig dimensionierten Tiefgaragen werden hier deutlich negativ ins Gewicht fallen. Dies steht dem formulierten Anspruch der Klimaneutralität entgegen, denn der erzeugte private Autoverkehr in das Wohngebiet – aktuell mit vorwiegend fossilen Brennstoffen – führt durch den hohen Stellplatzbedarf zu weiteren CO2-Emissionen beim Bau. Hier erwarten wir konkrete Vorgaben zu energie- und klimaschonendem Bauen, insbesondere auf den städtischen Grundstücken, dazu eine Verringerung des Stellplatzschlüssels von 1,5 Stp/WE und im Gegenzug verstärkte Carsharing-Angebote und engmaschigeren als den jetzigen vorsintflutlichen ÖPNV-Takt. Ansonsten kann das Wohngebiet nur als weiteres Negativbeispiel für nicht zukunftsgerichtetes Bauen gelten.

Mai 2023