Umfahrung des Stadtteils Hagsfeld mit Anbindung an den Technologiepark Nord Stellungnahme vorab des Scoping-Termins
Fragen und Hinweise zu den Annahmen/Grundlagen
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Wurde bereits ein Verkehrsgutachten zur Ermittlung der Verkehrsgrundlagen durchgeführt? Mit welchen PKW/LKW Zahlen ist konkret zu rechnen, wie werden sich die Verkehrsströme umlagern? Wird durch die Anbindung zusätzlicher Verkehr generiert?
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Warum wurden keine weiteren Varianten der Südumfahrung in Betracht gezogen, z.B. etwas nördlicher von S1 an der Südgrenze von Hagsfeld? Diese Variante könnte bzgl. Flächennutzung, Zerschneidung von Vegetationsflächen, Klima, Landschaftsbild günstiger ausfallen, was zu prüfen ist (vgl. gestrichelte Linie in Abbildung 1).
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Es wird von einer zweistreifigen Straße mit Breite 13.5 m ausgegangen. Aus welcher Grundlage wurde diese Breite ermittelt, wie groß sind die Fahrbahnbreiten und Randstreifen? Ist ein zweistreifiger Ausbau notwendig? Die Naturschutzverbände fordern die Prüfung einer Lösung mit je einer Richtungsfahrbahn für den Kfz-Verkehr und je einer Richtungsfahrbahn für den Radverkehr – so wäre auch eine Zweistreifigkeit gewährleistet.
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Wie wurden die angegebene Untersuchungsräume (200 m und 500 m) gewählt und sind diese ausreichend?
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Liegen bereits Planungen zu Überführung/Tunnel der Bahnlinie vor?
Der Gemeinderat hat das Verfahren 2014/2016 initiiert, der vorgesehene Realisierungszeitraum wird sicherlich nicht vor 2025/2030 sein. Ist es im Zusammenhang mit den aktuellen Diskussionen zu Fahrverboten für Diesel/Verkehrswende/ Individualverkehr/Klimawandel noch zeitgemäß bzw. ökonomisch darstellbar, dass das Straßennetz weiter ausgebaut wird? Bitte um intensive Prüfung, ob die Planungsannahmen für die Umfahrung bzw. den Anschluss an das Technologiezentrum noch aktuell sind. Wurden hierbei der ÖPNV und alternative Verkehrskonzepte berücksichtigt, um das Verkehrsaufkommen zu reduzieren?
Es ist nicht nachvollziehbar, dass anstatt die Verbindungen zum bereits heute gut an den Öffentlichen Verkehr angebundenen Technologiepark zu verbessern, stattdessen eine zweispurige Anbindung an das Fernstraßennetz gebaut werden soll. Null-Plus-Varianten (Verzicht auf Neubau und Beschränkung auf je einen Richtungsfahrstreifen plus jeweils Ausbau ÖV) sind zu untersuchen.
Abbildung 1: Auszug aus Karte zum Untersuchungsraum mit skizzierter Alternative
Verkehr
Beim Punkt „1.2 Vorhabenbeschreibung“ fällt auf:
Es ist eine relativ genaue Beschreibung von Ost nach West über die vorhandene Bodennutzung und Verkehrswege zu finden. Dabei fehlen dann aber die Stadtteilroute Stutensee-HagsfeldRintheim-Oststadt-Innenstadt (Der Fuß- und Radweg von der Karlsruher Straße zur Haid-und-Neu-Straße, parallel zur Straßenbahnstrecke), die Straßenbahnstrecke, der Hinterwiesenweg und die Rintheimer Hauptstraße. Die Stadtteilroute und die Hauptstraße sind für den Radverkehr wichtig. Ebenso ist hier eine mögliche Radschnellwegroute angesiedelt.
Eine Brücke für den Fuss- und Radverkehr ist negativ zu werten. Wenn in den kommenden Jahren der Anteil an Menschen, die Strecken zu Fuß und mit dem Rad zurücklegen, erhöht werden soll, dann sollten die Verkehrsplaner ihnen keine Brücken (wie beispielsweise am Adenauerring) in den Weg bauen.
Die Auswirkungen auf den Fuß- und Radverkehr aller Varianten sind zu untersuchen. Die negativen Wirkungen auf die o.g. Verkehrswege der einzelnen Varianten sind zu bestimmen und Lösungen aufzuzeigen, wie diese vermieden oder reduziert werden können. Verbleibende negative Wirkungen sind zu bewerten.
Zu 2.1 Konflikt- und Untersuchungsschwerpunkte
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Bezüglich der Auswirkungen auf Menschen können die Ausführungen so wahrgenommen werden, als ginge es nur um Freizeit und Erholung. Die geplante Trasse zerschneidet aber auch wichtige Radwegverbindungen etc. (siehe Verkehr).
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Die Auswirkungen auf Menschen während der Betriebsphase sind detailliert darzustellen. Dazu gehört auch die Frage, welche verkehrlichen Auswirkungen das Vorhaben auf benachbarte Stadtteile (z.B. die Waldstadt) hat. Dazu braucht es eine belastbare und nachvollziehbare Verkehrsprognose. Insgesamt ist die Veränderung von Verkehrsströmen in und um Wohngebiete zu bewerten.
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Zu beleuchten ist auch, wie sich die Trassenführung sowie die Bauausführung auf den Autoverkehr auf der Haid-und-Neustraße (mit allen negativen Wirkungen wie Lärm, Schadstoffe…) auswirken wird.
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Mit dem vorgesehenen 500m-Puffer dürften alle von der Lärmwirkungen maßgeblich betroffenen Bereiche nicht abgedeckt sein. Die Abgrenzung ist zu überprüfen und zu plausibilisieren.
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Als zu prüfende und zu bewertende negativen Projektauswirkungen sind zu ergänzen:
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Gefährdungs- und Tötungsrisiko für Tierarten durch Kollisionen (betriebsbedingt)
Die Störung und Tötung von Tieren innerhalb und in der Umgebung des Projektzeitraums (baubedingt) und
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Die Zerschneidungswirkung in Hinblick auf den Naturhaushalt ist zu bewerten.
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Die Wirkungen von Licht, Lärm und Erschütterungen sind zu beschreiben und zu bewerten.
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In Hinblick auf Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt sind folgende Maßnahmen zu prüfen und zu bewerten:
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Bitte den Trassenverlauf prüfen, bei welchen Alternativen ist von den geringsten Auswirkungen auf die Zerschneidung der Landschaft und Lebensräumen auszugehen.
Reduktion von Kollisionen mit Tieren durch Tempolimit.
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Vorgesehene Flächen liegen laut Landschaftsrahmenplan zum Teil in folgenden Bereichen:
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Lokalklimatisch wertvolle Bereiche (Grundlage Durchlüftung mit Regionalwind)
Lokalklimatisch wertvolle Bereiche (Grundlage Kaltluftabflüsse)
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Es ist daher von erheblichen negativen Auswirkungen auf den Erhalt der bioklimatischen Ausgleichsfunktion (Kaltluft und Durchlüftung) auszugehen. Es wird gefordert, dass alle Maßnahmen (auch Anpassung des Trassenverlaufs) geprüft werden, um die Auswirkungen auf ein Minimum zu reduzieren.
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Asphalt heizt sich bei Sonneneinstrahlung stärker auf als Vegetation und speichert die Wärme deutlich länger. Es ist daher von zusätzlicher Wärmebelastung im Sommer auszugehen. Welche Auswirkungen auf die Temperaturen in der Umgebung (Rintheim, Hagsfeld) sind zu erwarten? Wäre eine Beschattung der Straße (Alleebäume) zielführend?
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Zu spezifizieren ist: Von welchen zusätzlichen klimarelevanten Schadstoffemissionen (Abgasen, Reifenabrieb, Feinstaub) in die Luft wird ausgegangen? Ist ein Tempolimit von z.B. 50 km/h vorgesehen, um Emissionen zu reduzieren?
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Zu bestimmen und zu bewerten ist: Von welchen zusätzlichen Schadstoffeinträgen durch Reifenabrieb etc. in den Boden wird ausgegangen?
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Zu beschreiben und zu bewerten ist: Von welchen zusätzlichen Schadstoffeinträgen in den Boden und das Grundwasser bei Starkregen wird ausgegangen?
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Die Auswirkung der Ableitung von Niederschlag (vor allem im Bereich von Brücken und Unterführung) auf das Grundwasser ist zu bewerten.
Schall/Erschütterungen: Es wird angeregt ein Tempolimit zur Reduktion der Lärmemissionen/Erschütterungen auf maximal 50 km/h vorzusehen.
Untersuchungsraum
In Hinblick auf Fledermäuse und deren Nutzung des Planungsraums als Flugkorridor ist davon auszugehen, dass eine Ausweitung des Untersuchungsgebiets erforderlich wird. Hier sei insbesondere auf den für Fledermäuse bedeutsamen Elfmorgenbruch und die dorthin bzw. in den Hardtwald bestehenden Austauschbeziehungen verwiesen.
Potenzielle negative Projektauswirkungen
Nicht vollständig beschrieben (siehe oben). Ist zu ergänzen.
Potenzielle positive Projektauswirkungen
Oft zu lesen sind die postulierten positiven Wirkungen von Straßenneubauvorhaben. Die postulierten Wirkungen sind detailliert zu begründen und zu quantifizieren.
Schall
Die Naturschutzverbände lehnen das vorgestellte Vorgehen „Ermittlung der durch die zweistreifige Fahrbahn hervorgerufenen Beurteilungspegel“ ab. Es sind auch Pegel für einen einstreifigen Ausbau mit entsprechenden anderen Verkehrszahlen zu berechnen und einzustellen.
Erholung
Es finden sich Aussagen zur „Einrichtungsbezogenen Erholung und Freizeit“. Die Naturschutzverbände gehen davon aus, dass gerade auch die nicht einrichtungsbezogene Naherholung in urbanen Grünzügen von großer Relevanz ist. Die Untersuchungen zu Erholung und Freizeit dürfen nicht auf „Einrichtungen“ beschränkt werden.
Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt
Es ist nicht nachvollziehbar und befremdlich, warum vorab des Scopingtermins offenbar eine Abstimmung zum Untersuchungsumfang für die Tierarten stattgefunden hat. Die entsprechenden Vermerke aus denen der Abstimmungsprozess abgeleitet werden kann sind offenzulegen. Vor dem Hintergrund bestehender Kenntnisse über den Planungsraum sind die zu untersuchenden Artengruppen auch an den Inhalten der Bundesartenschutzverordnung auszurichten. Insbesondere ist eine Untersuchung der Wildbienen indiziert.
Inwiefern im Planungsraum mit wertgebenden Heuschreckenarten zu rechnen ist und diese in die Untersuchung einzubeziehen sind, ist vertieft unter Beteiligung von Artexperten zu erörtern. Ebenso ist zu diskutieren, ob eine Beschränkung auf zwei Schmetterlingsarten als sachgerecht anzusehen ist.
Durch Prüfung entsprechender Datenbanken sowie Konsultation von Expert*innen ist zu klären, ob in Bezug auf die Vegetation besonders schützenswerte Rote-Liste-Arten nicht ausgeschlossen werden können und vertiefte Untersuchungen erforderlich sind.
Das vorgeschlagene Vorgehen „Ermittlung und Darstellung der Beeinflussung bzw. Beeinträchtigung durch die Bautätigkeit oder projektbedingte Flächeninanspruchnahme“ ist unzureichend, erneut ist darauf hinzuweisen, dass neben der Flächeninanspruchnahme gerade auch Kollision, Licht und Lärm als relevante Wirkfaktoren zu werten sind.
Naturschutzfachliche Hinweise zum Planungsraum
Der gesamte betroffene Bereich zwischen der Alten Bach und der Haid- und Neu-Straße ist als ökologisch wertvoll einzustufen. Ein Mosaik aus Sandrasen, Heckenzügen, Feuchtwiesen, Stillgewässern, Feldgehölzen und den Bahndämmen ergibt einen reich strukturierten Lebensraum, den zahlreiche bedrohte Tierarten als Brut- oder Nahrungshabitat nutzen, wie z.B. Rotmilan, Schwarzmilan, Sperber, Baumfalke, Wanderfalke, Rauchschwalbe, Mehlschwalbe, Mauersegler, Neuntöter, Grünspecht, Grauspecht, Kleinspecht, Wendehals, Feldschwirl, Kuckuck oder Pirol. Eine große Zahl an Eidechsen ist zu beobachten. Die Zauneidechse ist auf jeden Fall im Gebiet, ebenso die Mauereidechse [so auch in den zur Verfügung gestellten Unterlagen].
Des Weiteren nutzen in den Abend- und Nachtstunden zahlreiche Fledermäuse die Fläche zwischen Hagsfeld und Rintheim zur Insektenjagd.
Bemerkenswert ist die hohe Dichte an Heckenbrütern wie Nachtigall, Mönchsgrasmücke, Gartengrasmücke, Klappergrasmücke, Dorngrasmücke und Heckenbraunelle. Für Wildbienen bestehen in einigen Bereichen beste Bedingungen.
Zu den vorgelegten (und nicht vorgelegten) Unterlagen und Quellen
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Zitiert sind „Ergebnisse der Faunistischen Untersuchungen und Kartierungen der Biotoptypen und Nutzungen“ (EMCH + BERGER, 2017). Diese sind allen am Scoping beteiligten Personen (d.h. der Öffentlichkeit) vorzulegen. Nach angemessener Frist, die eine Auswertung ermöglicht, ist zu einem erneuten Termin zu laden.
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Zu lesen ist, dass die faunistischen Erfassungen im Jahr 2018 erfolgten. Die Ergebnisse werden in Bruchstücken und ohne konkret nachvollziehbare Methodenbeschreibung angedeutet. Eine ernsthafte Befassung im Sinne eines qualifizierten Beitrags zur Beurteilung des Untersuchungsumfangs ist so nicht möglich. Die vorliegenden Daten sind vorzulegen. Nach angemessener Frist, die eine Auswertung ermöglicht, ist zu einem erneuten Termin zu laden.
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Für jede einzelne Artengruppe ist darzulegen, ob das Vorgehen den entsprechenden Fachstandards entspricht bzw. wie etwaige Abweichungen begründet werden können (vgl. beispielsweise ALBRECHT, K., HÖR, T., HENNING, F. W., TÖPFER-HOFMANN, G., GRÜNFELDER, C. (2015): Leistungsbeschreibungen für faunistische Untersuchungen. Bericht zum Forschungs- und Entwicklungsvorhaben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur: FE 02.0332/2011/LRB. In: Forschung Straßenbau und Straßenverkehrstechnik 1115. Mitarbeiter: SELZER, D., STRÄTZ, C., BOLZ, R., CONZE, K.-J., SCHMIDT, J. Fachverlag NW in der Carl Schünemann Verlag GmbH. Bremen, 306 S. ). Eine entsprechende Tabelle ist vorzulegen und kann als Grundlage für eine qualifizierte Befassung dienen.
Der zitierte Freiraumplan Karlsruhe (FREP 2017) ist nach Kenntnis der Naturschutzverbände keinerlei Umweltprüfung unterworfen worden und seine Umsetzung führte zu erheblichen Beeinträchtigungen für den Arten- und Gebietsschutz. Er sollte deshalb nur unter größtem Vorbehalt herangezogen werden.
Januar 2019