Ortsverband Karlsruhe
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Errichtung der Verdichterstation Nordschwarzwald

Bevor wir uns zum Antrag äußern, eine Vorbemerkung, die unseren grundsätzlichen ´Konflikt´ mit der geplanten Maßnahme verdeutlichen soll.

Angeblich wird mit der Einbindung der Verdichterstation in das Gasleitungssystem ein Beitrag zur zukunftssicheren Gasversorgung geleistet und die Grundlage dafür geschaffen, künftig die für die Energiewende unabdingbaren neuen modernen Gaskraftwerke im süddeutschen Raum realisieren zu können.

Zunächst hilft die Nordschwarzwaldleitung (NOS) Leitung zur Versorgung des Ballungsraumes Stuttgart. Es wird von „für die Energiewende unabdingbaren neuen modernen Gaskraftwerke im süddeutschen Raum“ gesprochen.

  1. Wo sind solche geplant?

  2. Seit wann sind fossile Energieträger Grundlage der Energiewende?

  3. Wer benötigt dieses Gas?
    Mit der zu errichtenden Verdichterstation Nordschwarzwaldleitung wird die Transportleistung der Gashochdruckleitung Nordschwarzwald (NOS-Leitung) von rund 150.000 Nm³/h auf 552.000 Nm³/h gesteigert.

  4. Wieviel Gas wurde im letzten Jahr aus Ba-Wü ins Ausland exportiert?
    In Ettlingen-Hägenich besteht ein Netzknotenpunkt zu der Ferngasleitung Rheintal-Süd 1, in welche Erdgas aus der NOS eingespeist wird. Es wird also nicht nur die NOS- Transport-kapazität gesteigert, sondern auch der Export von Gas.

Die Anlage dient nicht, wie es die Landesregierung in ihren Grundsätzen fordert, dazu dass „eine Vielzahl von Anbietern unterschiedlicher Energieträger soll landesweit ein ausgewogenes Angebot gewährleisten, das sich nach Art und Umfang am gegenwärtigen und künftigen Bedarf ausrichtet und am Prinzip der Nachhaltigkeit orientiert. Im Interesse der Ressourcenschonung und des Umweltschutzes müssen die Anstrengungen verstärkt werden, den Verbrauch fossiler Energieträger durch Einsatz regenerativer Energieträger zu reduzieren und die Energienachfrage durch technische Maßnahmen und Verhaltens-änderungen zu senken.“ Ganz im Gegenteil.
Es wird nach unserer Ansicht bei der Beantragung bei der Begründung der Anlage nicht mit offenen Karten gespielt und die Öffentlichkeit mit ´green washing´ getäuscht.
Wenn das Erdgas nicht mehr benötigt werde, könne durch die Leitungen Biomethan oder Gas für die künftige Brennstoffzellentechnologie transportiert werden. Die vorhandenen geringen Mengen an fossilfreiem BioGas und Wasserstoff stehen im totalen Kontrast zur Propaganda der Gasverkäufer. Damit kopiert terranet bw das Marketing des Stromunternehmens EnBW: Beide verkaufen einen Teil ihres begrenzten Angebots an sogenannt grüner Energie, sei es Solarstrom oder Biogas, als virtuelle Produkte an umweltaffine KonsumentInnen, die damit ihr Gewissen reinigen. Entsprechend kleiner wird damit der Anteil dieser begrenzten grünen Energie für alle andern. Real aber erhalten alle Konsumierenden an der Steckdose oder Gasleitung den gleichen Energiemix. Und der besteht hauptsächlich aus der Erzeugung durch fossile Energieträger.
Denn bis Biogas und Wasserstoff den – heute fossilen – Gaskonsum «klimaneutral» machen können, wird noch viel Wasser den Rhein hinunterlaufen. Denn der Weg ist lang, Ihr Mutterkonzern EnBW investiert viel zu wenig in die Wasserstofftechnologie, und natürlich verlustreich. CO2-freies Gas und Wasserstoff sollen also bis 2050 das fossile Erdgas in Deutschland vollständig ersetzen. Derweil baut die deutsche Gaswirtschaft mit Nordstream 2 ihre Importkapazität für fossiles Erdgas aus Russland weiter aus. Nicht nur aus diesen Gründen haben die GRÜNEN in Ettlingen dieses Projekt abgelehnt.
Diese Haltung hat letztlich mit dazu geführt, dass der Verdichter jetzt in einem FFH-Gebiet gebaut werden soll und nicht wie ursprünglich geplant in der Nähe des Hängenichgrabens oder an einem anderen, besser geeigneten Standort auf Ettlinger Gemarkung.
Wir haben uns aber entschieden, den Bau nicht abzulehnen, weil wir hoffen, dass wir es gemeinsam ‚schaffen‘, dass in ‚absehbarer‘ Zeit durch die Gasleitungen grüner Wasserstoff fließen wird. Uns wurde versichert, dass die Technik dieser Anlage auch ohne große Umbauten eine Mischung von Methan und Wasserstoff verdichten könnte. Nach technisch machbaren Umbauten ist auch eine Umstellung auf 100% Wasserstoff technisch möglich.

In der augenblicklichen fossilen Gaswelt ist aber die Feststellung hanebüchen, „dass durch die modernen und effizienten Anlagen eine Minimierung der Umweltbelastung erreicht wird, alle sich aus § 6 Absatz 1 Nr. 1 BImSchG ergebenden Anforderungen (Genehmigungs-voraussetzungen) vollständig erfüllt werden und zudem ein konkreter und nachhaltiger Beitrag für den Klimaschutz geleistet wird.“

Der Standort befindet sich im FFH-Gebiet „Hardtwald zwischen Karlsruhe und Muggensturm“ (und im Landschaftsschutzgebiet „Hardtwald bei Ettlingen und Rheinstetten“). Zudem liegt der Standort im Wasserschutzgebiet „Stadt Karlsruhe, WW Mörscher Wald“. Sehr viel ungeeigneter kann ein Standort für eine technische Großanlage nicht gewählt werden. Dies versucht man durch eine UVP zu glätten.
Gut finden wir, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchgeführt wurde, deren zum Teil wirklich kritischen Inhalt wir zur Kenntnis genommen haben.
Für das Schutzgut Menschen, insbesondere die menschliche Gesundheit, Schutzgut Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt, Schutzgut Klima/Luft, Schutzgut Wasser, Schutzgut Boden/Fläche ergeben sich erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen bis hin zu sehr hohen Konfliktstärken = Gefahr der Verletzung und Tötung von Tieren ...
Deshalb ist eine Gesamtschlussfolgerung, „dass durch die modernen und effizienten Anlagen eine Minimierung der Umweltbelastung erreicht wird, alle sich aus § 6 Absatz 1 Nr. 1 BImSchG ergebenden Anforderungen (Genehmigungsvorrausetzungen) vollständig erfüllt werden und zudem ein konkreter und nachhaltiger Beitrag für den Klimaschutz geleistet wird“ zynisch.
Zu der geplanten Änderung des Landschaftsschutzgebietes 'Hardtwald bei Ettlingen und Rheinstetten' (VO vom 06.06.1991) hat der BUND Mittlerer Oberrhein mit Schreiben vom 10.3.2021 Stellung genommen, und wir fordern die Berücksichtigung der dort geäußerten Maßnahmen.
Dieser Antrag verdeutlicht auch das totale Versagen der Landespolitik, die als Haupteigner der EnBW – mit der Förderung des Ausbaus von Konvertern, überdimensionierten Strom- Gasleitungen – dem Klimaschutzgedanken, der Energiewende und damit dem Grundsatz eines ausgewogenen, bedarfsgerechten und langfristig gesicherten Energieangebots, vor allem gestützt auf regionale, nicht fossile Energiequellen, zuwider läuft. Die auch nicht zu einer preisgünstigen und umweltgerechten Versorgung der Bevölkerung führt (Strom- und Gaspreise steigen kontinuierlich an), sondern allein die Profite der heimischen Wirtschaft sicherstellt und zum Bau weiterer großen Gaskraftwerke führt.
Als gebildete Laien ist es uns nicht möglich, die Anlage in ihrer Komplexität vollinhaltlich zu beurteilen, deshalb ergänzen wir unsere Anmerkungen auch mit Fragen, die wir in der Erörterung geklärt haben wollen.

Emissionen

Es fehlt leider die Gesamtübersicht der Emissionen. Es wird zwar darauf hingewiesen, dass wir in einem stark immissionsbelasteten Verdichtungsraum Karlsruhe leben, aber dessen Realität wird nirgends aufgezeigt. In Karlsruhe haben wir zwei Kohlekraftwerke der EnBW (altes Rheinhafendampfkraftwerk = RDK 7 und neues Rheinhafendampfkraftwerk = RDK 8), die Papierfabrik Stora Enso und die Raffinerie MiRO. Zusammen gaben sie im Jahr 2019 rund 7 Millionen Tonnen Kohlendioxid und rund 4.000 Tonnen Stickoxide ab. Dies führt bei Stickoxiden zu einer Versauerung der Böden.
„Auch die erwartenden Stickstoffdepositionen sind mit 0,03 kg N (ha*a) gegenüber der Irrelevanz-Schwelle von 0,3 kg N (ha*a).“ Die critical loads für die Deposition von eutrophierendem Stickstoff und Säure in den regionalen Waldökosystemen sind zum Teil besorgniserregend und an einigen Stellen deutlich überschritten. Eine Untersuchung vor Ort fanden wir nicht.
Im Übrigen befindet sich in KA ein Gaskraftwerk, das die Stickoxidemissionen in der Region erheblich senken würde. Es war 2019, 2020 und bis heute so gut wie nicht im Betrieb. Dafür RDK 7 mit extrem hohen Stickoxidwerten. Natürlich kommt es durch den Betrieb der Anlage zur Emission von Luftschadstoffen, die lokal zu einer Verschlechterung der Luftqualität führen und nicht wie behauptet keine negativen Auswirkungen hätten. Deshalb ist auch eine weitere Minimierung anzustreben.
Wäre z. B. als Ersatz einer der drei Gasturbinen auch der Einsatz eines weiteren elektrischen Verdichters im Sinne der Minimierung der Umweltbelastungen möglich? Falls das möglich ist, fordern wir das.
Es ist doch klar, dass die Anforderungen des BImSchG und der relevanten BImSchV erfüllt bzw. umgesetzt werden. Aber es hindert die Antragstellerin und die Genehmigungsbehörde nicht, eine Verminderung der Emissionen – zumindest als reduzierten Zielwert – anzustreben.
Für jede Gasturbine wird kein gemeinsames, sondern ein getrenntes Abgassystem aus wirtschaftlichen Gründen vorgesehen. Welche Folgen hat dies bezüglich der Luftschadstoffe? Anders herum: Welche Minimierung der Emissionen wäre im anderen Fall möglich?
Das Ergebnis eines Gutachtens in Bezug auf Fragen der Luftreinhaltung (LGA 2020) ergab, wie nicht anders vom Auftraggeber zu erwarten, dass die Immissionswerte (Stickoxid und Stickstoffdeposition) weit unter der Irrelevanzschwelle nach der TA Luft und dem BaSt-Leitfaden liegen. Was ist irrelevant? Fahre ich mit meinem Auto auf der B3 an der Anlage vorbei, so ist es in der Tat für meine Fortbewegung bei einem Stau auf der Höhe der Anlage irrelevant, ob ich in meinem Auto hinter einem Diesel, Benziner oder Elektroauto stehe, nicht aber welche Abgase die um mich stehenden Fahrzeuge und die Anlage zusammen emittieren. Die Irrelevanzklausel bezieht sich immer nur auf die von der Anlage ausgehende Zusatzbelastung und lässt die Gesamtschau der vielen anderen „Irrelevanzfälle“ außen vor. Es ist für uns schwierig, eine nachweisbare Auswirkung auf Mensch, Flora und Fauna nachzuweisen. Sie ist aber vorhanden und nicht irrelevant. Das Minimierungsgebot gilt auch, wenn die Irrelevanzschwelle nicht erreicht wird. Also fordern wir: NOx: max. 25 mg / Nm³/h, CO: 50 mg / Nm³/h bei 15 % O2 trocken, Formaldehyd: 4 mg/m³. Das ist technisch möglich, also Stand der Technik.
Methan ist 21mal klimawirksamer als Kohlendioxid. Demnach sind 10 ppm Methan umgerechnet 210 ppm CO2eq.
Wieviel Methan entweicht im Normalbetrieb in der Station? Wieviel davon können wirklich am Standort energetisch verwertet werden? Wieviel Gas entweicht höchstens bei einer Leckage der Primärabdichtungen? Wird dies ebenfalls aufgefangen?

In der Verdichterstation wird mit wassergefährdenden Stoffen umgegangen.

Für die Verdichterstation wird gemäß § 10 (1 a) BImSchG ein Ausgangszustandsbericht (AZB) erstellt. Es wurde gemäß §7 (1) der 9. BImSchV beantragt, den Ausgangszustandsbericht bis zum Beginn der Inbetriebnahme der Verdichterstation nachzureichen. Warum ist der jetzt nicht vorhanden?

Die Genehmigungsdirektion Süd in Rheinland-Pfalz hat am 7.11.2019 für ein gasbetriebenes Blockheizkraftwerk in Wörth für ein erheblich größeres BHKW wie für die Gasverdichterstation eine Genehmigung erteilt. Da kannten wir den Lieferanten der Anlage und die genauen Randbedingungen der Genehmigungswerte.
Dies scheint uns sowohl für die Genehmigungsbehörde als für uns unabdingbar, weil je nach Bauart der Turbinen mit erhöhten Emissionskonzentrationen an Stickoxiden und Kohlenmonoxid beim An- und Abfahren der Anlage gegenüber dem Normalbetrieb zu rechnen ist und diese ja nicht in der Immissionsprognose berücksichtigt werden.
Die genauen Emissionen der Anlage werden in einem Umweltbericht jährlich der Öffentlichkeit bekannt gemacht und dabei den Fortschritt der Minimierung der Genehmigungswerte ausgewiesen.

Lärm

Mit hohem Lärm wäre ein notfallbedingter Entspannungsvorgang verbunden.
„In der Regel ist ein notfallbedingter Entspannungsvorgang über den Stationsausbläser bzw. Einheitenausbläser ein solches Ereignis, welches damit nicht den Regeln der TA Lärm unterliegt.“ Wie oft kommt so etwas vor? Wie lange dauert ein solcher Vorgang.

Der Lärmgutachter stellt fest: „Zur Begrenzung tiefer Frequenzen empfehlen wir eine schalltechnischer Detailprüfung bei Kenntnis des Schallleistungspegels der Kaminmündung.“
Das fordern wir.

Ausgleichsflächen

Wir sind absolut dagegen, dass ein wie auch immer gearteter Ausgleich auf der Standortschießanlage in der Mörscher Heide erfolgt. Eine Aufforstung wäre in der Heide genauso verheerend, wie die Idee, die alten Zielbunkergebäude für ein paar Ökopunkte abzureißen. Aus den alten Militäranlagen hat sich inzwischen ein Fledermaus- und Falterparadies entwickelt.
Eine Ausgleichsfläche Wald befindet sich im Glottertal. Bis dort sind es rund 140 km. Es muss eine Fläche in der räumlichen Umgebung der Anlage gefunden werden.

Brand

Am Standort besteht eine hohe Explosionsgefahr durch extrem entzündbare Gase.
Es versteht sich, dass das Rauchverbot auch in einem gewissen Abstand vom Zaun festgelegt werden muss. Es müssen selbstredend alle Ventile und Ausrüstungsteile fettfrei gehalten werden.
Auf die Details der Gefährdung durch die eingesetzten Gase der einzelnen wird hier verzichtet, werden wir aber in der Erörterung aufrufen.
Dass für die Brandbekämpfung geeignete Löschmittel und Ausrüstungsgegenstände auch bei der zuständigen Feuerwehr vorhanden sind, halten wir für selbstverständlich.
Die Verdichterstation wird automatisch betrieben, unterliegt jedoch der Überwachung durch qualifiziertes Betriebspersonal und der ständigen Fernüberwachung durch die Dispatching Zentrale der tnbw. Wie lange dauert es bis jemand vor Ort ist und händisch eingreifen kann?
„Die Gebäude werden teilweise mit einer automatischen Brandfrüherkennung und teilweise mit Löschanlagen ausgestattet. Das Gelände wird nicht über eine Werkfeuerwehr verfügen. Die Brandmeldeanlage wird nicht auf die Leitstelle der ansässigen Brandschutzdienststelle aufgeschaltet, sondern auf die Leitstelle der terranets bw, als ständig besetzte Stelle.“
Warum nur teilweise? Warum nicht auch die Leitstelle der ansässigen Brandschutz-dienststelle?
Spätestens zum Erörterungstermin sollte eine genaue Darstellung der Löschwasser-rückhaltung erfolgt sein, denn später erfährt die Öffentlichkeit nicht mehr, was geplant ist.

Für die Verdichterstation wird gemäß § 10 (1 a) BImSchG ein Ausgangszustandsbericht (AZB) erstellt. Es wurde gemäß §7 (1) der 9. BImSchV beantragt, den Ausgangszustandsbericht bis zum Beginn der Inbetriebnahme der Verdichterstation nachzureichen. Warum ist der zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorhanden?

Warum besteht die angegebene Internetseite www.terranets‐bw.de/vds_nos als Info für die BürgerInnen nicht mehr?

Harry Block, Vorstandsmitglied BUND KA
Horst Babenhauserheide, Vorstandsmitglied BI Müll und Umwelt e.V.

März 2021